Künstliche Intelligenz für die OEE

Künstliche Intelligenz, Maschinelles Lernen und Neuronale Netze sind bedeutende Themen für die zukünftigen Entwicklung der industriellen Produktivität. Viel wird auf der Überschriftenebene diskutiert. Wir geben in diesem Artikel einen Einblick, wie die Details hinter der Technologie funktionieren und wie wir sie zur Steigerung der Anlagenproduktivität (OEE) am Beispiel der Analyse der Stabilität des Anlagenlaufs einsetzen.

Warum Neuronale Netze?

Künstliche Neuronale Netze stellen einen Zweig der künstlichen Intelligenz dar und sind dem menschlichen Gehirn nachempfunden. Die Eigenschaften von Neuronalen Netzen machen sie bei allen Anwendungen interessant, bei denen nur geringes explizites Wissen über das zu lösende Problem vorliegt. Hätte man dieses explizite Wissen, könnte das Problem mit klassischen Programmiermethoden i.S.v. if-then-else gelöst werden. Da diese Form der Modellierung jedoch bei vielen Problemen nicht möglich oder zumindest extrem aufwändig wäre, kommen an den Stellen Neuronale Netze zum Einsatz. Dieser Vorteil der Technologie wird mit dem Fakt erkauft, dass in der Retrospektive nicht erklärbar ist, warum der Algorithmus welche Entscheidung getroffen hat.

Technologische Grundlagen

Die technische Basis zur Berechnung von Neuronalen Netzen für oee.ai ist Tensorflow, ein Open-Source Produkt von Google. Auf Tensorflow wird über die Keras-Bibliothek in Form einer API zugegriffen. Auf diese Weise können Neuronale Netze – im Anwendungsfall von oee.ai für die Analyse von Zeitreihendaten – programmiert, trainiert, getestet und auch produktiv angewendet werden. Zur Analyse von Zeitreihen eignen sich insbesondere rekurrente (= rückgekoppelte) neuronale Netze, von denen eine Vielzahl verfügbar ist. In deren korrekter Auswahl und Konfiguration liegt der Erfolgsfaktor für die Nutzung der KI für die jeweilige Fragestellung.

Datentechnische Grundlagen

Für das Training eines Neuronalen Netzes werden Trainingsdaten benötigt, wobei grundsätzlich gilt, je mehr Trainingsdaten desto besser. Um dem Algorithmus zu sagen, wonach er suchen soll, müssen diese Trainingsdaten im ersten Schritt durch einen Menschen klassifiziert werden – für unseren Anwendungsfall beispielsweise in stabil und unstabil. Diese Aufgabe kann sehr spezifisch für jeden Anwendungsfall sein und deshalb sehr aufwendig werden. Im Internet sind Dienstleister verfügbar, an die diese Aufgabe vergeben werden kann.

Training eines Neuronalen Netzes

Bevor das Training beginnt, werden Trainings- und Testdaten voneinander getrennt, man gibt dem Algorithmus also nur einen Teil der gelabelten zum Training. Das Lernen eines neuronalen Netzes erfolgt in mehreren Trainingsrunden, wobei die Anzahl der Runden stark vom gewählten Algorithmus und der Heterogenität der Daten abhängig ist. Ist das Training abgeschlossen, testet man, wie der trainierte Algorithmus bei den gelabelten Testdaten performt. So kommt man zu einer Aussage, wie gut der Algorithmus mit den Daten, mit denen er nicht trainiert wurde, umgehen kann.

Im unten visualisierten Protokoll ist sichtbar, dass rund 11.500 gelabelte Datensätze zur Verfügung standen, dass der Algorithmus auf rund 70 % der Daten in 12 Runden trainiert wurde und er angewendet auf die ca. 3.500 Testdaten zu etwas mehr als 90 % die gleiche Entscheidung bezüglich stabil und unstabil trifft wie der Mensch.

Bild: Protokoll des Lernprozesses

Das Ergebnis ist schon gut, aber noch nicht überragend. Durch mehr Trainingsdaten und ein Fine-Tuning der spezifischen Algorithmus-Parameter kann die Leistung noch weiter gesteigert werden.

In einer Visualisierung der Lernkurve sieht man, dass der größte Lernerfolg schon in der Lernrunde eins vorliegt, es danach noch einen leichten Anstieg der Qualität bis zur fünften Runde gibt und durch die verbleibenden Trainingsrunden kein weiterer Lerneffekt des Algorithmus mehr eintritt.

Bild: Visualisierung der Lernkurve

Nutzung des Neuronalen Netzes zur OEE Optimierung

Visualisiert man jetzt die als unstabil erkannten Phasen in Kombination mit der Stückzahlzeitreihe, wird für den Menschen gut nachvollziehbar, an welchen Stellen der Algorithmus die Daten als unstabil eingestuft hat.

Bild: Rot markierte Bereiche definiert das RNN als instabil

Mit diesem trainierten Neuronalen Netz können jetzt alle zukünftigen Daten ebenfalls analysiert werden und so lange sich kein struktureller Wechsel in den Daten ereignet, also z.B. sich das Produktportfolio auf der Anlage verändert, wird der Algorithmus immer zu etwa 90 % die gleiche Entscheidung treffen wie der Mensch, der ihn trainiert hat.

Mit Hilfe dieser Analyse kann man jetzt in den Verbesserungsprozess der Anlagenproduktivität einsteigen. Welche Besonderheiten gab es zu den Zeiten, als die Anlage instabil lief? War das zu verarbeitende Material innerhalb der Spezifikation?, Gab es technische Probleme an der Anlage?, Müssen die Mitarbeiter besser eingewiesen werden? An dieser Stelle übernimmt die menschliche Intelligenz von der maschinellen Intelligenz und setzt die Analyseergebnisse in die Steigerung der Anlagenproduktivität um.